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"Die Transformation zu einer Circular Economy wird all unser unternehmerisches Handeln beeinflussen"
Interview mit Prof. Dr. Sascha Peters zu seiner Sonderfläche auf der ORGATEC 2022
Die ORGATEC 2022 präsentiert das Innovationspotenzial von Start-ups beim Thema Nachhaltigkeit auf einer eigenen Sonderfläche. Die Bewegung „Fridays for Future“ hat den Veränderungswillen der jungen Generation aufgezeigt. Auch bei Designern und Architekten regt sich der Wunsch nach einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft. Mit dem zunehmenden Bedarf nach klimafreundlichen Materialien entsteht hier eine neue Industrie. Unter der Überschrift „Materials4Future“ hat der Materialexperte Prof. Dr. Sascha Peters mit seiner Agentur Haute Innovation wegweisende Beispiele solcher nachhaltigen Produktlösungen für die ORGATEC zusammengestellt.Herr Prof. Dr. Peters, wie schon vor der pandemiebedingten Pause präsentieren Sie in diesem Jahr wieder eine Sonderfläche auf der ORGATEC. Wie haben sich die Schwerpunkte bei Materialien für die Arbeitswelt seit der letzten Ausgabe verändert?
Aktuell können wir ganz klar Herausforderungen bei den Unternehmen zur Bewältigung der Energiekrise und deutliche Aktivitäten zur Reduzierung der Emissionen erkennen. So haben wir die Schwerpunkte in eine Richtung verändert, die diesen Entwicklungen Rechnung trägt.
Unter dem Titel „Materials4Future“ verweisen Sie auf die Transformation in Richtung nachhaltiger Materialien. Was genau werden Sie auf der Sonderfläche zeigen?
Ganz klar: Die Transformation in eine Circular Economy ist die große Herausforderung der nächsten Dekade und wird all unser unternehmerisches Handeln beeinflussen. Mit Blick auf die Protestbewegung der jungen Generation haben wir der Ausstellung den Titel „Materials4Future“ gegeben und zeigen aktuelle Materialinnovationen für das Interior von Arbeitswelten und den Objektbereich. Dabei geht es um die emissionsreduzierte Produktion der Werkstoffe ebenso wie um die Nutzung der Möglichkeiten zur Speicherung von CO₂ durch Umsetzen der Holzhybridbauweise bei Bürogebäuden. Die sich daraus abzeichnende Interaktion mit den im Interior verwendeten Materialien ist höchst spannend.
Wie reagieren denn Materialhersteller auf neue Anforderungen wie kreislauffähiges Bürodesign oder das gesteigerte Bedürfnis nach gesunden Arbeitsumgebungen?
Die Material- und Möbelhersteller loten gerade die Möglichkeiten zur Etablierung neuer zirkulärer Geschäftsmodelle aus. Reuse-, Remanufacturing- und Recycle-Konzepte werden aktuell von einer Vielzahl von Unternehmen erschlossen und das Ende der Lebensdauer beim Interior Design sowie die Möglichkeit zur Trennung und Rückführung der Ressourcen mitgedacht. Dabei steht die Verwendung natürlicher Materialressourcen zur Gestaltung gesunder Arbeitsumgebungen ganz oben auf der Agenda. Ob Lederersatzstoffe aus 100 Prozent natürlichen Ressourcen oder sich am Ende der Produktlebensdauer zersetzende Schaumstoffe für Polstermöbel und Akustikelemente: Im biologischen Kreislauf an der Schnittstelle zwischen Biologie und Technik sind gerade die weitreichendsten Materialinnovationen zu finden.
Wie hat sich die Bedeutung von Materialentwicklungen für die Arbeitswelt angesichts der aktuellen Preissteigerungen und zunehmender Probleme bei Lieferketten verändert?
Die Preissteigerungen und Lieferkettenprobleme der letzten beiden Jahre haben in Kombination mit dem erhöhten Nachhaltigkeitsempfinden der Verbraucher zu einer stärkeren Regionalisierung der Produktion geführt. Zunehmend wird der europäische Markt als Stabilitätsfaktor angesehen, der Sicherheiten bei der Beschaffung von Ressourcen bietet und zudem die Durchsetzung geschlossener Kreisläufe erleichtert. Zudem wird bei Materialentwicklungen immer häufiger auf Recyklate bzw. auf Ressourcen aus anderen Industrien und der Agrarwirtschaft gesetzt, die bislang nicht im Fokus der Hersteller waren. So bieten immer mehr Hersteller Rücknahmesysteme an, um die Materialkreisläufe besser zu kontrollieren.
Vor dem Hintergrund der extremen Wetterphänomene und der gestiegenen Energiepreise in diesem Jahr haben die Diskussionen um den Klimawandel eine neue Dynamik bekommen. Beobachten Sie diese Dynamik auch bei Materialinnovationen?
Was soll ich sagen – wir wissen ja alle, vor welche Herausforderungen wir stehen. Vor allem die junge Generation der Designer drängt auf eine neue Klasse von Materialität, die nicht nur kreislauffähig ist, sondern nach Möglichkeit emissionsfrei produziert werden kann. Das betrifft zum einen die Energiefrage, zum anderen wird vor allen ein Fokus auf Materialinnovationen gelegt, die vollständig im biologischen Kreislauf zirkulieren können. Hier sind in den letzten Jahren einige herausragende Entwicklungen präsentiert worden – ob Bauplatten aus Fischschuppen, sich natürlich zersetzende Holzfaserplatten, deren Bindung auf Enzyme zurückgeht, oder Lederersatz aus Hanfresten. Eine ganze Generation junger Start-ups sieht die Lösung der Probleme in der vollständigen Nutzung natürlicher Ressourcen für Materialien, die im biologischen Kreislauf verbleiben können!
Ob digitale Oberflächen aus transparentem Holz oder Textilien mit integrierten Solarmodulen, ob Bezugsstoffe aus Hanfresten oder mit Silberhäutchen gerösteter Kaffeebohnen oder Akustikmodule aus brandfestem Pilzmaterial als neuer Ressource: Nachhaltige Lösungen für den Innenausbau, für Design und Architektur sind bereits seit einigen Jahren in der Entwicklung und auf der Sonderfläche Materials4Future in Halle 6, C-068/E-069 kann man sie hautnah erleben.
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“The transformation to a circular economy will influence all of our business activities”
Interview with Prof. Dr. Sascha Peters about the special exhibition area at ORGATEC 2022
At ORGATEC 2022, a separate exhibition area will be dedicated to the innovation potential of start-ups when it comes to sustainability. The Fridays for Future movement has shown that young people want change. A growing interest in a functioning circular economy can also be seen among designers and architects. A new industry is emerging with the increasing demand for climate-friendly materials. Under the heading of “Materials4Future”, materials expert Prof. Dr. Sascha Peters and his agency Haute Innovation have put together groundbreaking examples of such sustainable product solutions for ORGATEC.Prof. Dr. Peters, as before the break caused by the pandemic, you will be presenting a special exhibition area at ORGATEC again this year. How has the focus with regard to materials for the work environment changed since the last edition?
Currently, we can clearly see the challenges that companies are facing with the energy crisis and significant activities to reduce emissions. We have therefore changed the focus to reflect these developments.
In “Materials4Future”, you refer to the transformation towards sustainable materials. What exactly will you be showing in this special area?
One thing is for sure: The transformation to a circular economy represents the great challenge of the next decades and will influence all of our business activities. We gave the exhibition the title "Materials4Future”, which refers to the protest movement of the young generation and features the latest material innovations for workplace interiors and commercial spaces. This includes materials that produce fewer emissions during production, as well as the utilisation of CO2 storage options resulting from the wood hybrid construction method used for office buildings. The interaction resulting from the materials used in the interior is extremely exciting.
What is the reaction of material manufacturers to new requirements such as recyclable office design or the increased need for healthy working environments?
Material and furniture manufacturers are currently exploring the possibilities for establishing new circular business models. Today, many companies are developing reuse, remanufacturing and recycling concepts. Also taken into account is the end of the interior design’s lifecycle as well as the possibility of resource separation and recycling. High on the agenda is the use of natural material resources to create healthy working environments. Whether leather substitutes made from 100 percent natural resources or foam for upholstery and acoustic elements that decomposes at the end of the product’s service life: The most far-reaching material innovations can be found in the biological cycle at the interface between biology and technology.
How has the importance of material development for the work environment changed in light of the current price increases and growing problems in supply chains?
The price hikes and supply chain problems of the last two years combined with consumers' heightened sustainability awareness have led to a greater regionalisation of production. The European market is increasingly being viewed as a stability factor that offers security in the procurement of resources and facilitates the implementation of closed cycles. When it comes to the development of materials, recyclates and resources from other industries and agriculture are used more often by manufacturers than in the past. For example, more and more manufacturers are offering take-back systems to better control material flows.
The extreme weather events and increase in energy prices this year has brought new momentum to the discussions about climate change. Do you see this with material innovations as well?
What can I say – we are all aware of the challenges we’re facing. The young generation of designers in particular is calling for a new class of material that is not only recyclable, but which can also be produced emission-free if possible. The energy issue is one factor. Above all, however, the focus is on material innovations that can circulate completely in the biological cycle. Examples of some outstanding developments in this area in recent years include structural panels made from fish scales, naturally decomposing fibreboards with binding that is based on enzymes, and leather substitutes made from hemp residues. A whole generation of young start-ups believe the solution to the problems lies in the full utilisation of natural resources for materials that can remain in the biological cycle!
Digital surfaces made of transparent wood, textiles with integrated solar modules, upholstery fabrics made from hemp residues, coffee beans roasted with the silver skin or acoustic modules made from fire-resistant fungal material as a new resource: Sustainable solutions for interiors, design and architecture have been in development for several years and can be experienced first-hand in the special exhibition area Materials4Future in Hall 6, C-068/E-069.